Rückblick 104. Schweizer Immobiliengespräch

Ein hochkarätig besetztes Podium diskutierte im Zürcher „Metropol“ die zunehmenden Spannungen auf dem Schweizer Immobilienfinanzierungsmarkt. Unter der Moderation von John Davidson warfen vier Experten sehr verschiedene Blickwinkel auf die wahrgenommene Kreditklemme.

Das Panel des 104. Immobiliengesprächs (Bild: Galledia Fachmedien AG)

Moderator John Davidson eröffnete die Veranstaltung und skizzierte die paradoxe Ausgangslage: Während Hypothekarzinsen tendenziell sinken und selbst fünfjährige Bundesanleihen negativ rentieren, spüren viele Akteure am Immobilienmarkt einen deutlichen Finanzierungsstress. „Der Endkäufer ist eigentlich da, aber auf der Finanzierungsseite hapert es“, so Davidson. Schlagzeilen wie „Droht im Hypothekarmarkt eine Kreditklemme?“ verdeutlichen die Aktualität des Themas.

Moderator John Davidson (Bild: Galledia Fachmedien AG)

Grossbanken reduzieren

Anhand von Zahlen zeigte er, dass das Hypothekarwachstum zwar mit rund 2,4 % noch positiv ist, aber unter dem langfristigen Durchschnitt liegt. Ein Ungleichgewicht sei vor allem bei der Verteilung des Kreditwachstums zu erkennen: Während Grossbanken wie die UBS nach der Übernahme der Credit Suisse ihr Hypothekarvolumen reduzierten, legten Kantonalbanken, Raiffeisenbanken und insbesondere Pensionskassen – auf niedrigem Niveau – zu.

Davidson betonte die Dominanz der Banken im Schweizer Hypothekarmarkt und stellte als Gedankenmodell den US-Markt gegenüber, wo Banken nur noch rund 30 % der Wohnbaufinanzierungen stemmen. Dies werfe die Frage auf, ob auch in der Schweiz alternative Finanzierungsformen wie Debt-Fonds an Bedeutung gewinnen werden. Mit diesem Ausblick übergab er an die Referente, die das Problem aus Sicht der Bankenregulierung, der alternativen Finanzierer und der Entwickler beleuchten sollten.

Basel III als Haupttreiber der Kreditklemme

Adrian Wenger, Partner beim VZ Vermögenszentrum, identifizierte drei Hauptgründe für die angespannte Lage. Neben dem Zusammenschluss von UBS und CS sowie der Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers durch die SNB sei vor allem die Umsetzung von Basel III der entscheidende Faktor. Die per 1. Januar 2025 in Kraft tretende Regulierung gestalte die Eigenkapitalunterlegung für Banken fundamental neu.

Adrian Wenger (Bild: Galledia Fachmedien AG)

Wenger erklärte die neuen, komplexen Gewichtungsfaktoren. Die massive Veränderung zeige sich bei Baufinanzierungen für Renditeobjekte: Während bisher ein Gewichtungsfaktor von 35 % galt, müssen Kredite mit einer Belehnung von über 70 % neu mit einem Faktor von 150 % unterlegt werden. Dies vervierfache praktisch das von der Bank zu hinterlegende Eigenkapital für eine solche Finanzierung. «Das hat natürlich einen Einfluss auf die Marge», betonte Wenger. Um die geforderte Eigenkapitalrendite zu erzielen, müssten die Margen für Baukredite massiv ansteigen.

Als Profiteure dieser Entwicklung identifizierte er private Eigentümer mit tiefer Belehnung, die für den Eigenbedarf bauen. Für sie sinkt die geforderte Eigenkapitalunterlegung, was sie zur neuen, heiss umkämpften Zielgruppe der Banken mache. Für Entwickler hingegen werde das Angebot knapper und teurer. Sein Fazit: Die Banken befinden sich noch in einer Orientierungsphase, was in den nächsten Jahren zu einer restriktiven Kreditvergabe, insbesondere bei Belehnungen über 60 %, führen wird.

Debt-Fonds als flexible Alternative

Kevin Hinder, CEO von Property One, präsentierte Debt-Fonds als eine mögliche Lösung für die entstandene Finanzierungslücke. Er beleuchtete den Markt für nachrangige Hypotheken, der zwar noch klein, aber stark wachsend sei. Diese alternativen Finanzierer seien nicht an die starren Tragbarkeitsregeln oder Bewertungsmodelle der Banken gebunden.

Kevin Hinder (Bild: Galledia Fachmedien AG)

Die Vorteile für Kreditnehmer liegen laut Hinder in der Flexibilität und Geschwindigkeit. Debt-Fonds könnten Projekte bereits vor der Baubewilligung oder ohne vollständigen Mietspiegel finanzieren und so Entwicklern ermöglichen, Marktopportunitäten wahrzunehmen. Er zeigte anhand von Praxisbeispielen, wie Bestandshalter durch nachrangige Kredite wachsen, Entwickler die Zeit bis zum Erhalt des Baukredits überbrücken (Bridge-Finanzierung) oder Käufer sich durch eine schnelle Finanzierungszusage einen Vorteil im Bieterprozess sichern können.

Hinder betonte die hohe Nachfrage, die durch Basel III zusätzlich befeuert werde. Bei einer Ausfallquote von null sei diese Anlageklasse auch für institutionelle Investoren eine attraktive, mit Immobilien besicherte Beimischung mit geringer Korrelation zu anderen Assets.

Die Praxisperspektive eines Entwicklers

Stefan Gabriel, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Fortimo, lieferte den Realitätscheck aus Sicht eines grossen, familiengeführten Entwicklers. Obwohl sein Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote von 40 % finanziell solide aufgestellt sei, spüre man die veränderte Finanzierungssituation deutlich.

Stefan Gabriel (Bild: Galledia Fachmedien AG)

Er bestätigte die von Wenger beschriebenen Herausforderungen: Die Eigenmittelanforderungen steigen, was die Liquidität einschränkt. Insbesondere die Finanzierung grosser Projektvolumen (ab 50 Mio. Franken) sei extrem schwierig geworden, da Banken Klumpenrisiken scheuen. Ein weiterer kritischer Punkt seien die massiv gestiegenen Vorverkaufsquoten für Stockwerkeigentum, die von den Banken vor Baubeginn verlangt werden. «Eine Forderung von 50 % Verkaufsquote vor Baubeginn ist nicht realistisch», so Gabriel.

Zudem beobachte er, dass Banken vermehrt Zusatzgeschäfte wie Devisengeschäfte oder Festgeldanlagen zur Bedingung für eine Kreditvergabe machen. Als Überlebensstrategie nannte er die Diversifikation über zahlreiche Bankpartner, inklusive ausländischer Institute, sowie eine sehr disziplinierte Akquisition. Nachrangfinanzierungen seien zwar eine Option, aber aufgrund der hohen Kosten eine, die man möglichst zu vermeiden versuche und bis jetzt auf andere Optionen zurückgreifen konnten.

Normalisierung nach dem Überfluss

In der abschliessenden Runde relativierte Zoltan Szelyes von Macro Real Estate den Begriff der «Kreditklemme». Er sprach von einer «Normalisierung» nach Jahren des Kapitalüberflusses, in denen Margen von 40 Basispunkten üblich waren. «Im Ausland hatte ich nie so tiefe Margen», so Szelyes. Der Markt differenziere sich stark: Die Finanzierung von selbstgenutztem Wohneigentum und guten Renditeliegenschaften im Wohnbereich sei weiterhin möglich, wenn auch zu höheren Margen von etwa 80 Basispunkten. Der eigentliche Finanzierungsstress konzentriere sich auf den kommerziellen Sektor und insbesondere auf Projektentwicklungen, wie von den Vorrednern geschildert.

Das Abschlusspanel mit Zoltan Szelyes (Bild: Galledia Fachmedien AG)

Das Licht am Ende des Tunnels ist im Bereich Kreditklemme noch nicht gesichtet worden, war man sich einig. Einige Entwickler und Kreditnehmer könnten in Schwierigkeiten kommen, führt dies zu Preisnachlässen, wenn das Dry Powder auf der Equity-Seite verpufft? Weitere Gespräche folgen…..

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